Von der Talpfarrei zur Pfarrei Unterägeri
Zusatzinformationen zur Stele – aus “Ägerital – seine Geschichte”
Gründung der Pfarrei Unterägeri
Am Beginn dieser Phase stand der Entscheid der unteren Gemeinde, für die Erneuerung ihrer Kapelle den Mitbürger Bernhard Fliegauf, Pfarrer im Toggenburg, um einen Beitrag anzugehen. In dieser Kapelle hatte der Oberägerer Kaplan dreimal wöchentlich die Messe zu lesen.
Die Gründung einer Pfarrei ist nicht nur eine religiöse, sondern auch eine weltliche Angelegenheit, die sich lange hinziehen konnte. Eine Pfarrei brauchte eine Pfarrkirche, der Pfarrer ein Pfarrhaus und ein gesichertes Auskommen. Besonders betroffen war der alte Ägerer Pfarrer Jakob Billeter, der sich gegen die Gründung wehrte, weil sie der Mutterpfarrei und ihren Geistlichen grossen Schaden zufüge und die bisher gemeinsam getragenen Lasten erhöhe.
Auch die obere Gemeinde protestierte vor allem aus materiellen Gründen gegen die Errichtung einer neuen Pfarrei und folgte dabei Billeters Argumentation. Sie widersprach 1711 nochmals der Pfarreigründung, behielt sich ihre alten Rechte vor und verlangte, dass die untere Gemeinde auch künftig Nutzen und Beschwerden mit ihr zu teilen habe.
Erst im März 1713 kam wieder Bewegung in die Sache. Das Bistum Konstanz teilte mit, es sei bei genügender Dotierung mit der Gründung der Pfarrei einverstanden. Die Wilägerer sagten mutig zu, da sie den finanzkräftigen Pfarrer Fliegauf hinter sich wussten, und versprachen, nicht nur ihren zukünftigen Pfarrer zu unterhalten, sondern auch Kirche, Pfarrhaus und Friedhof zu errichten und alles Nötige für den Gottesdienst zu beschaffen.
1714 entschied das Bistum «in causa Separationis et Erectionis novae parochiae Under Egeri contra Egeri» und besiegelte die Gründung der Pfarrei Unterägeri. Die neuen Pfarreigenossen mussten eine Kirche mit Pfarrhaus und Friedhof errichten. Als Anerkennung der Mutterpfarrei hatten sie alljährlich prozessionsweise zur Oberägerer Pfarrkirche zu ziehen und dort zu opfern.
Aufbau der Pfarrei
Noch bestand die neue Pfarrei Unterägeri erst auf dem Papier, auf jener Urkunde, die am 22. Januar 1714 besiegelt worden war. Mehr als vier Jahre hatte ihre Errichtung gedauert.
Drei Jahre nach der Gründung war das Pfarrhaus erstellt. Nach sieben Jahren stand die Pfarrkirche. Mehr als zehn Jahre vergingen, bis Bernhard Fliegauf, Stifter und Kollator der neuen Pfarrpfrund, im Alter von 69 Jahren seine Stelle antreten konnte, in die er viel investiert hatte.
Er handelte sich dabei manchen Ärger ein, erregte aber auch solchen. Innerhalb seiner Pfarrei zerstritt er sich mit seinen Pfarrkindern und seinem Kirchenbaupartner Sigmund Heinrich. Auch die Wilägerer Kirchgenossen zankten sich beim Bau von Pfarrhaus und Kirche untereinander und mit Baumeister Sigmund Heinrich.
Das Verhältnis zur Mutterpfarrei blieb getrübt, da die Unterägerer bald mehr verlangten, als ihnen 1714 zugestanden worden war, und schon 1725 die Übertragung der Kaplaneipfrund nach Unterägeri begehrten. Wieder entstand ein langwieriger Streit.
Streit und Trennung der Pfarrei von Oberägeri
In ihrer neuen Pfarrei und Kirchgemeinde konnten die Wilägerer eigenständig über ihre kirchlichen Angelegenheiten bestimmen. Da die ganze Gemeinde aber nach wie vor Kollatorin der alten Pfarrei und ihrer Pfründen war, konnten die Unterägerer auch in allen kirchlichen Sachen der oberen Gemeinde mitreden. Sie hatten damit die Macht, zusammen mit einer Oberägerer Minderheit der Mehrheit der dortigen Kirchgenossen etwa einen unliebsamen Pfarrherrn oder Kaplan aufzuzwingen. Tatsächlich kam es bei der Pfarrwahl 1742 vielleicht deswegen zu einer üblen Schlägerei. Als zwanzig Jahre später eine Kaplanenwahl zu heftigen Agitationen führte, kamen die obere und die untere Gemeinde 1763 endlich überein, der «under dem gantzen Volckh erfasten Wuoth» durch eine vollständige Ausscheidung die Grundlage zu entziehen. 1765 konstituierte sich die obere Gemeinde als eigenständige Kirchgemeinde, die ihr bisher mit der unteren Gemeinde «gemeinsamlich gehabtes Collatur-Recht der Alten Mutter-Kirch, Stiftungen und deren vier Pfründen auch Schuoll Wesen und dessen Zu gehör» allein übernahm.